Nachhaltige Geldanlagen bleiben in Österreich auf Wachstumspfad – Privatanleger*innen steigern ihre nachhaltigen Kapitalanlagen um 78 Prozent – Nachhaltige Geldanlagen legen um 29 Prozent zu
Die Gesamtsumme der Geldanlagen, die in Österreich unter Berücksichtigung von strengen umweltbezogenen, sozialen und auf eine verantwortungsvolle Unternehmensführung bezogenen Kriterien angelegt sind, ist 2020 um 29 Prozent gestiegen und erreichte zum Jahresende 2020 ein neues Rekordvolumen von 38,9 Milliarden Euro. Insbesondere nachhaltige Investmentfonds verzeichneten deutliche Zuflüsse und lagen mit einem Volumen von 21,2 Milliarden Euro um rund 44 Prozent über dem Vorjahreswert. Berücksichtigt man zudem die Kapitalanlagen, für die Nachhaltigkeitskriterien auf Unternehmensebene verankert sind, ergibt sich zum 31.12.2020 eine Gesamtsumme von rund 114,2 Milliarden Euro für verantwortliche Investments in Österreich. Dies sind die zentralen Ergebnisse des Marktberichts 2021, den das FNG – Forum Nachhaltige Geldanlagen heute der Öffentlichkeit vorstellt.
Privatanleger*innen bauen Marktanteil bei nachhaltigen Fonds und Mandaten deutlich aus
Wie 2019 haben Privatanleger*innen auch im Berichtsjahr ihr Engagement im Bereich der Nachhaltigen Geldanlage deutlich gesteigert. Insgesamt 12,0 Milliarden Euro investierten sie in nachhaltige Fonds und Mandate – 5,25 Milliarden Euro mehr als zum Jahresende 2019. Dieses Wachstum um 78 Prozent führt dazu, dass private Anleger*innen nun rund 34 Prozent der in Österreich in nachhaltige Fonds und Mandate investierten Gelder halten. Auch aus den Reihen der institutionellen Anleger*innen floss im Berichtsjahr weiteres Kapital in nachhaltige Fonds und Mandate. Mit insgesamt 23,32 Milliarden Euro lagen ihre entsprechenden Kapitalanlagen um gut 14 Prozent über dem Vorjahresstand. Aufgrund der deutlich höheren Wachstumsrate bei den Privatanleger*innen sank der Marktanteil der institutionellen Investor*innen auf 66 Prozent.
„Der Markt Nachhaltiger Geldanlagen wurde 15 Jahre lang maßgeblich von institutionellen Investoren dominiert.“ Erläutert Wolfgang Pinner, Leiter des FNG-Österreich und ergänzt: „2019 wurden Nachhaltige Geldanlagen auch von privaten Anleger*innen vermehrt entdeckt. 2020 entwickelten sich die privaten Anleger*innen zu wichtigen Treibern des Wachstums. Betrachtet man allein das Wachstum bei den institutionellen Investoren, so beträgt dies 2020 gerade einmal 14 Prozent.“
Nachhaltige Geldanlagen legen um 29 Prozent zu, nachhaltige Fonds sogar um 44 Prozent
Ende 2020 wurden rund 16,9 Milliarden Euro in nachhaltige Mandate und knapp 21,2 Milliarden Euro in nachhaltige Investmentfonds investiert. Die Mandate konnten damit im Jahresvergleich um rund 15 Prozent zulegen, die Fonds sogar um 44 Prozent. Insgesamt lag das Volumen in diesen beiden Anlageklassen um 30 Prozent über dem Vorjahr. Ein großer Teil des Wachstums basiert dabei auf Nettozuflüssen in entsprechende Anlageprodukte. Berücksichtigt man zusätzlich die Kundeneinlagen der im Marktbericht erfassten Spezialbank mit Nachhaltigkeitsfokus (0,86 Milliarden Euro), ergibt sich für die Nachhaltige Geldanlage in Österreich ein Gesamtvolumen von rund 38,9 Milliarden Euro. Gegenüber dem Vorjahr ist das Volumen um rund 29 Prozent gestiegen.
Ausschlusskriterien bei Fonds und Mandaten weit verbreitet – Best-in-Class-Ansatz legt deutlich zu
Die Nutzung von Ausschlusskriterien bildet für Anleger*innen aufgrund der vielfältigen Möglichkeiten zur Auswahl und Operationalisierung der Kriterien ein zentrales Instrument zur Umsetzung individueller Nachhaltigkeitsstrategien. Vor diesem Hintergrund haben Ausschlüsse bei der Nachhaltigen Geldanlage weiterhin eine hohe Bedeutung. 98 Prozent aller im Rahmen des Marktberichts erfassten Fonds und Mandate nutzen Ausschlusskriterien, um besonders kontroverse Emittenten vom Investment auszuschließen. Besonders häufig werden dabei Unternehmen ausgeschlossen, die in kontroversen Geschäftsfeldern wie der Kohleförderung und -verstromung, der Herstellung von Waffen und Rüstungsgütern oder der Produktion von Kernenergie aktiv sind.
Mit Blick auf die weiteren nachhaltigen Anlagestrategien sind insbesondere deutliche Zunahmen des beeinflussten Kapitals beim Best-in-Class-Ansatz (+25 Prozent) sowie bei der ESG-Integration (+24 Prozent) hervorzuheben. Ein starkes Wachstum – allerdings auf niedrigem Ausgangsniveau – verzeichneten das Impact Investing (+47 Prozent) und Nachhaltige Themenfonds (+44 Prozent).
Verantwortliche Investments steigen auf über 114 Milliarden Euro
Wie die Nachhaltigen Geldanlagen erklommen auch die verantwortlichen Investments im Jahr 2020 einen neuen Höchststand und erreichten per Ende 2020 ein Volumen von rund 114,2 Milliarden Euro (Vorjahr: 106,8). In die Berechnung der verantwortlichen Investments fließen neben den Nachhaltigen Geldanlagen auch solche Kapitalanlagen ein, bei denen Nachhaltigkeitskriterien nicht auf Produktebene für einzelne Fonds oder Mandate definiert werden, sondern auf übergeordneter Unternehmensebene für alle Kapitalanlagen berücksichtigt werden.
Zentrales Instrument beim verantwortlichen Investment ist ESG-Integration, d. h. die Implementierung von Nachhaltigkeitskriterien in den Investmentprozess. In der Folge werden entsprechende Kriterien nicht ausschließlich für spezifisch nachhaltige Mandate oder Fonds berücksichtigt, sondern fließen auch in Anlageentscheidungen für konventionelle Fonds ein. Dieser Ansatz wird dabei regelmäßig mit weiteren Strategien kombiniert, insbesondere dem normbasierten Screening und dem Engagement.
Weiteres Wachstum erwartet – Regulierung und institutionelle Investor*innen sind wichtigste Treiber
Für das laufende Jahr erwarten alle im Rahmen des Marktberichts befragten Expert*innen ein weiteres Wachstum des nachhaltigen Kapitalmarktes. Jede*r Zehnte (10 Prozent) rechnet dabei mit einem Wachstum von bis zu 15 Prozent. 53 Prozent erwarten Wachstumsraten zwischen 15 und 30 Prozent, 37 Prozent sogar von mehr als 30 Prozent.
Schlüsselfaktoren für die weitere Entwicklung des nachhaltigen Kapitalmarktes sind nach Einschätzung der Befragten Änderungen der regulatorischen Rahmenbedingungen, die Nachfrage der institutionellen Investor*innen, verstärkte Marketingaktivitäten sowie die steigende Reputation dieser Anlageform. Auch das weiter steigende Interesse der Privatanleger*innen wird nach Einschätzung der Expert*innen zum Wachstum des Marktes beitragen.
Im Rahmen des EU-Aktionsplan Finanzierung nachhaltigen Wachstums sind bereits verschiedene Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Marktes umgesetzt worden, unter anderem die Einführung der ersten Vorgaben der Offenlegungsverordnung im März dieses Jahres. Weitere Impulse erwartet das FNG insbesondere von der Einführung der ESG-Präferenzabfrage im Oktober 2022.
Der FNG-Marktbericht ist mit der Unterstützung von engagierten Verbandsmitgliedern erstellt worden. Wir danken dafür unseren Sponsoren und Unterstützern: BANK IM BISTUM ESSEN eG, C-Quadrat Asset Management, Deka Investments, EBS Executive School, EB-Sustainable Investment Management GmbH, ESG Portfolio Management, Green City AG, Green Growth Futura GmbH, imug rating GmbH, ISS ESG, KEPLER-FONDS Kapitalanlagegesellschaft, LBBW Asset Management Investmentgesellschaft mbH, NKI – Institut für nachhaltige Kapitalanlagen, Raiffeisen Kapitalanlagegesellschaft m.b.H., Ralf Lemster Financial Translations GmbH, Schroder Investment Management (Europe) S.A., SQUAD Fonds Discover Capital GmbH, Swiss Life Asset Managers, Union Investment und vividam – powered by FiNet Asset Management AG.