ESG-Compliance: Vom Trend zum Standard

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JUDr. Stanislava Saria, PhD © www.picco.at

| von JUDr. Stanislava Saria, PhD [1]

Die Chance, mit CO2-lastigen Assets auch künftig Geld verdienen zu können, wird immer mehr zu einem Risiko

Europas größter Ölkonzern Shell muss nach einem Urteil eines niederländischen Gerichts von Ende Mai 2021 seine CO2-Emissionen bis 2030 um 45 Prozent gegenüber 2019 senken, um „seinen Beitrag“ im Kampf gegen den Klimawandel zu leisten. Dieses weltweit beachtete Urteil zeigt einmal mehr, dass sich das fossile Zeitalter dem Ende zuneigt und die Chance, aus CO2-intensiven Tätigkeiten auch künftig Gewinne zu lukrieren, immer mehr zu einem Risiko wird. Diesen Trend machte auch das deutsche Bundesverfassungsgericht im März 2021 deutlich, das den Gesetzgeber verpflichtet, den Übergang zu Klimaneutralität mit weitreichende(re)n Transitionsmaßnahmen einzuleiten. Als Turbo auf dem Weg in eine klimaneutrale Welt soll sich auch das Ende Juni 2021 verabschiedete „europäische Klimagesetz“ erweisen, wonach die EU bis 2030 ihre Anstrengungen zur Reduktion der Treibhausgase verdreifachen muss.

Der Nachhaltigkeitswettbewerb hat begonnen

Transitionsrisiken, die nicht rechtzeitig erkannt und gemanagt werden, können dabei nicht nur negativ die Rendite des eigenen Portfolios beeinflussen. Ein mangelndes Verständnis für den „Impact“ der eigenen Asset Management-Strategien auf die ESG-Faktoren kann vielmehr auch zukünftige Geschäftschancen gefährden. Schließlich legt nicht allein die Generation Z bei ihren Investmententscheidungen verstärkt Wert darauf, dass ihr Geld umweltfreundlich und sozial verträglich veranlagt wird. Gerade die neuen Offenlegungspflichten und die Integration der ESG-Präferenzen in die Wohlverhaltensregeln der IDD bzw. der MiFid II zwingen aber die Finanzmarktteilnehmer dazu, ihren Kunden glaubwürdig zu erläutern, welchen Impact ihre Investmententscheidung auf die Welt von morgen erzeugt.

Die ESG-Compliance im Fokus der Aufsicht

Um die Finanzmarktteilnehmer in diesem Transitionsprozess aktiv zu begleiten, hat die FMA die Überprüfung der Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken in die Strategie, die Compliance und die Prüfplanung der internen Revision bereits fix in ihre Aufsichts- und Prüfschwerpunkte integriert. [2]

Im Versicherungs- und Pensionskassenbereich führt die FMA überdies regelmäßige ESG-Asset-Screenings durch, um das Exposure der institutionellen Anleger gegenüber den Transitionsrisiken zu ermitteln. Mit beinahe 350 Mio. EUR allein bei den von den österreichischen Versicherern gehaltenen Aktien und Unternehmensanleihen ist das Verlustpotential in Folge eines plötzlichen Übergangs letztlich nicht zu vernachlässigen.

Die Renewed Sustainable Finance Strategy

Maßgebliche Leitplanken für die ESG-Compliance hat die Europäische Kommission am 6. Juli 2021 fixiert. Die neue europäische Strategie sieht zur Mobilisierung privater Investitionen unter anderen folgende Maßnahmen vor:

  • Erweiterung der Taxonomie, um auch Zwischenschritte hin zu ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten zu berücksichtigen und dadurch die Finanzierung der Transition zu erleichtern
  • Überprüfung, inwieweit Nachhaltigkeitsfaktoren in Kreditratings externer Ratingagenturen reflektiert werden
  • Regulierung von ESG-Rating und Research Unternehmen
  • Integration von Nachhaltigkeitsrisiken im Risikomanagement von Banken und Versicherungen und verpflichtende Analysen zu „climate change scenario“ durch Versicherer
  • regelmäßige Stresstests zu den Klimarisiken im Banken- und Versicherungssektor
  • stärkere Verankerung von ESG-Faktoren in der IORP II und der Aktionärsrechte-Richtlinie
  • Erweiterung der Befugnisse der Aufsicht zur Bekämpfung von Greenwashing

 

[1] JUDr. Stanislava Saria, PhD, Leiterin der Abteilung für Querschnittsthemen der Versicherungs- und Pensionskassenaufsicht in der FMA. Der vorliegende Artikel gibt die persönliche Meinung der Autorin wieder.

[2] FMA, Fakten, Trends & Strategien 2021


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